Mit dem ID.4 in den Urlaub nach Holland – Langstreckenfahrt im Alltag!
Marco Müller hat mit dem ID.4 Pro sich auf eine 2.172km lange Urlaubsfahrt gemacht und berichtete von seinen ersten Langstrecken-Elektroauto-Erfahrungen und räumt doch ein paar Vourteile aus und zeigt aber auch wie man Umdenken kann.
E-Mobilität – ein Thema, mit dem sich garantiert jeder Einzelne von uns die letzten 5 Jahre ir-gendwann einmal auseinandergesetzt hat und zu dem ebenso jeder Einzelne von uns seine eigene Meinung hat. Für die Einen ist es der Heilsbringer schlechthin, für die Anderen ein rotes Tuch.
Und jeder von uns hat sich schon ein-mal die Frage gestellt: „Würde ich mir jemals ein Elektroauto kaufen?“. Kaum eine andere Frage spaltet die Menschen beim Thema Auto so sehr wie diese. Während bis vor ein paar Jahren die Diskussion „Benzin oder Diesel?“ eher emotionslos und mit Verständnis für beide Parteien geführt wurde, kochen diese Emotionen bei der Elektromobilität gerade zu über.
Wer schon einmal selbst ein Elektroau-to gefahren ist weiß wovon ich rede. Egal wohin man damit fährt, man wird von den Menschen angesprochen. Etwas, das mir davor und wahrscheinlich allen Anderen, die ein „normales“ Auto fahren, nie passiert ist. Selbst in mei-nem Wohnort Rosenberg wurde ich vor der Bäckerei mit hämischen (und vor allem unwissenden) Sprüchen wie „Oh, ein Elektroauto, viel Spaß beim Abbrennen lassen. Du weißt schon, dass hier keiner löscht und das Fahrzeug 3 Tage im Wassercontainer gelagert wird? Ich würde mir so etwas nie kaufen!“ bedacht.
Die meisten Leute waren allerdings eher positiv gestimmt und ich erntete mehr nette, als böse Kommentare, wenn ich mit einem solchen Fahrzeug unterwegs war. Eine Aussage hört man allerdings immer und immer wieder: „So ein Elektroauto würde mir eigent-lich locker das ganze Jahr über ausreichen, aaaaaber ich möchte halt gerne mit meinem Auto auch in den Urlaub fahren und das geht mit der heutigen Reichweite noch nicht!“
Aber ist das tatsächlich so? Kann man mit dem Elektroauto wirklich nicht in den Urlaub fahren? Diese Frage hat mich selbst auch schon länger beschäf-tigt und deshalb beschloss ich dieser Frage mal auf den Grund zu gehen.
Da ich dieses Jahr in die Niederlande in den Urlaub fahre bietet sich dieser Urlaub als „Testfahrt“ sehr gut an. Ich wäre sowieso mit dem Auto gefahren und die Strecke ist mit ihren gut 600 Kilometern einfache Fahrt auch lange genug, um auch tatsächlich die Reich-weite des Fahrzeugs zu überschreiten und damit Ladestopps zwingend erfor-derlich zu machen.
Für mich wichtig war, dass das Fahr-zeug eine Anhängekupplung besitzt, da ich mit zwei e-Bikes in den Urlaub fahren wollte. Ebenso sollte das Fahrzeug auch ausreichend Platz für Gepäck ha-ben, da wir uns für 17 Tage eine Ferienwohnung gemietet haben und dement-sprechend mehr Dinge mitnehmen müs-sen. Die Wahl fiel deshalb auf einen VW ID.4 Pro.
Fahren wollte ich das Fahrzeug genau so, wie ich auch mit jedem anderen Fahrzeug in den Urlaub gefahren wäre. Ich möchte nicht in irgendeinem ECO-Modus mit 80Km/h auf der rechten Spur hinter den LKWs her zuckeln, sondern die nichtgeltende Höchstge-schwindigkeit auf deutschen Autobahnen auch gerne mal ausreizen.
Ich möchte nicht auf eine Klimaanlage verzichten und gegebenenfalls möchte ich auch die normale Heizung, die Sitzheizung und die Lenkradheizung ausnutzen. Sprich, eine Testfahrt unter realen Bedingungen, nicht unter optimalen.
Dass ich dadurch die laut WLTP ange-gebene Reichweite der 77kWh-Batterie von 520Km nicht erreichen werde ist mir klar, aber das Ziel für mich bei dieser Reise ist es ja zu sehen, wie sich die Urlaubsfahrt von den bisherigen unterscheidet und ob eine solche Reise auch in Zukunft für mich eine Option wäre.
Die Fahrt beginnt für die meisten Elektroauto-Besitzer natürlich in der heimischen Garage, mit dem durch die Wallbox auf 100% geladenen Akku. Da ich selbst weder Wallbox- noch Garagenbesitzer bin, gab es in meinem Fall natürlich schon die erste Hürde zu überwinden. Es war Donnerstagabend, der Tag vor der Abreise und das Fahrzeug habe ich in Schwäbisch Hall mit nur knapp 30% Akkustand übernommen.
(Danke liebe Kollegen!)
Verkaufsberater
Marco Müller
Das erste Ziel der Urlaubsfahrt war Wiesbaden, wo wir das Wochenende bei meiner Verwandtschaft verbringen wollten. Dieses Ziel wollte ich eigentlich ohne einen Ladestopp erreichen, was mir bei 130 km Reichweite wohl eher nicht gelungen wäre. Deshalb habe ich am Vorabend bei mir in Rosenberg die örtliche Ladesäule am Rathaus aufge-sucht und bin zu Fuß wieder nach Hau-se gelaufen. Ein Hindernis, was aber wie gesagt der normale Elektroauto-Besitzer nicht haben würde, da er eine Wallbox bei sich zuhause hängen hat.
So ging es dann also tatsächlich am Freitagmorgen mit 100% Akkustand, einer Reichweite laut Bordcomputer von 433 km (wird anhand des bisherigen Fahrstils berechnet und unterscheidet sich deshalb unter Umständen jedes Mal aufs Neue bei vollem Akku) und einer vor uns liegenden Fahrstrecke von 236Km ab in den Urlaub.
Was direkt auffiel war die Lautstärke des Fahrzeugs – sie ist nicht vorhanden. Das Fahrzeug ist einfach nur unglaublich leise. Kein Aufheulen des Motors beim Anfahren, kein sonores Brummen auf der Autobahn. Natürlich ist das vollkommen logisch, denn ein Elektromotor macht nun Mal keine merklichen Geräusche. Allerdings fällt einem dieser Unterschied erst so richtig auf, wenn man tatsächlich mit so einem Auto auch mal eine längere Strecke auf der Autobahn zurücklegt.
Einen weiteren Vorteil des Elektroautos haben wir an diesem Morgen eher unfreiwillig festgestellt – das Verhalten im Stau. Bei Verbrennungsfahrzeugen befindet man sich hier durch das ständige Stopp and Go immer in einem Zwiespalt: Motor anlassen, unnötig Kraftstoff verbrauchen und die Umwelt belasten? Oder Motor ausmachen und dann im unklimatisierten Fahrzeug schwitzen bzw. frieren (je nach Wetterlage)? Diese Frage beantworten Fahrzeuge mit Start-Stopp-Automatik zwar automatisch, aber hier nervt meistens das ständige Anspringen und Ausgehen des Motors.
Diese Probleme hat man mit einem Elektroauto natürlich nicht. Der Motor läuft nur dann, wenn er tatsächlich zur Fortbewegung benötigt wird. Die restli-chen Systeme, allen voran die Klimaanlage, laufen permanent. Der Übergang zwischen Fahren und Stehen ist wesentlich nahtloser und unkomplizierter.
Nach gut zweieinhalb Stunden Fahrt und einem bisherigen Durchschnittsver-brauch von 20,5kWh/100Km sind wir dann mit 118Km Restreichweite (29% Akku) in Wiesbaden angekommen. Da ich auf dieser Strecke außerhalb der Staus auch gerne mal mit 160Km/h (elektronisch abgeregelt) gefahren bin, ist dieser Verbrauch besser, als ich es bei der Werksangabe von 18,9kWh/100Km erwartet hätte.Viele Hotels und Parkhäuser bieten inzwischen Lademöglichkeiten direkt vor Ort – nur nicht das Parkhaus des Hotels, das wir uns für dieses Wochen-ende gebucht hatten.
Auch die Gaststätte außerhalb Wiesbadens, in der uns die Verwandtschaft an diesem Abend zu hessischen Spezialitäten (Handkäs mit Musik) eingeladen hatte, besaß leider keine Ladesäule in der näheren Umgebung. Als dann am Samstag die Akkukapazität unter 20% fiel und das Fahrzeug Warnmeldungen mit „Bitte Fahrzeug laden“ ausgab, kam erstmals eine leichte Nervosität in mir auf. Immerhin mussten wir ja am nächsten Tag weiterfahren in die Niederlande und je geringer die Reichweite, desto geringer ist die Chance noch eine der Schnellladestationen entlang der Autobahn zu erreichen.
Entwarnung gab es allerdings schon am Abend. Denn wir sind zum Abendessen dieses Mal in die Wiesbadener Innenstadt gefahren und das Parkhaus dort hatte eine Ladesäule, bei der wir während des Parkens sogar kostenlos laden konnten. Da wir am nächsten Morgen in der Nähe auch noch zum Frühstück eingeladen wurden, konnten wir sogar nochmal etwas Strom in das Fahrzeug tanken und starteten dann zur zweiten Etappe in die Niederlande mit 82% Akku (329 km Reichweite).
Wenn man nun, wie ich in diesem Fall, ein Ziel ins Navigationssystem eintippt, welches weiter entfernt ist als die Restreichweite, dann plant das Fahrzeug automatisch einen Ladestopp an einer Schnellladesäule entlang der Route ein. Dieser Stopp wird vom Auto so eingeplant, dass er zwar möglichst spät, aber noch bei einem Akkustand von ca. 10-20% stattfindet.
Am Anfang war die Autobahn an diesem Vormittag schön frei, weshalb ich wieder mal die Höchstgeschwindigkeit ausgenutzt habe. Dadurch fiel natürlich die Reichweite wesentlich schneller, als die verbleibenden Kilometer zur Ladesäule. Das alles machte ich natürlich nur aus rein wissenschaftlichem Interesse, denn ich wollte wissen, wie das Fahrzeug reagiert, wenn die Reichweite zu gering für die geplante Ladestation ist. Das Ergebnis war eher unspektaku-lär: Es wird einfach automatisch ein früherer Ladestopp eingeplant.
Bei Köln war die Autobahn dann plötzlich nicht mehr ganz so leer und die mögliche Geschwindigkeit war sehr lange unter den 100Km/h, weshalb dieses Mal die Reichweite langsamer abnahm als die Entfernung zur Ladesäule. Irgendwann war dann die Reichweite so gut, dass ich beschloss am Navi manuell wieder die erste geplante Ladestation an der Raststätte Hünxe einzugeben. Diese haben wir dann problemlos erreicht und der große Moment war gekommen:
Die erste Schnellladestation. Auf diese Geräte war ich natürlich am meistengespannt. Denn hier zeigt sich, ob Langstreckenfahrten mit dem Elektroauto tatsächlich möglich sind, ohne stundenlanges Warten auf den vollen Akku.
Das Fahrzeug wurde also mit 13% Rest-Akku angestöpselt, die Ladesäule fing an zu brummen und mein Auto informierte mich auf seinem Bildschirm, dass es in ca. 55 Minuten voll-geladen sein wird.
Während des Ladevorgangs kann man das Fahrzeug im Innenraum klimati-sieren und auch das Infotainment-System funktioniert uneingeschränkt. Bei einem solchen Ladestopp fällt ei-nem auch erstmal auf, wie viel Zeit man so oder so bei einer Pause auf der Autobahn verbringt.
Bis wir uns nach den gut zwei Stunden Fahrt die Beine vertreten hatten, auf der Toilette waren und einen kurzen Espresso getrunken hatten, waren die ersten 35 Minuten bereits um. Das Fahrzeug zeigte jetzt schon einen Lade-stand von 80%. Die Hersteller empfeh-len diesen Zeitpunkt auch zum Weiter-fahren, da die letzten 20% wesentlich länger dauern und es deshalb wirtschaftlicher ist auf langen Strecken lieber mehrere Stopps bis 80% als wenige Stopps bis 100% zu machen. Das hätte uns auch problemlos gereicht, da wir nur noch 110 km bis zum Ziel hatten. Wir wollten allerdings im Urlaub einen möglichst großen „Puffer“ an Reichweite haben, damit wir nicht so früh wieder nach der nächsten Ladesta-tion schauen müssen, bzw. vor Ort eventuell nur an den Stellen zu laden, an denen wir sowieso parken. Also lehnten wir uns zurück, hörten Musik und schauten im Internet nach weite-ren Ausflugszielen in Holland bis das Auto knapp 20 Minuten später, also nach insgesamt 57 Minuten seine 100% erreicht hatte.
Dieser Puffer kam uns dann auch tat-sächlich sehr entgegen, da bei unserem ersten Ausflugsziel zwei Tage später (Burgers Zoo Arnhem) die einzige La-desäule von einem Renault Zoe blo-ckiert wurde, der sein Fahrzeug nicht einmal an diese angeschlossen hatte.
Hier wurden auch direkt zwei Dinge deutlich, die bei dem vollständigen Wechsel zur Elektromobilität auf jeden Fall noch verbessert werden müssen. Zum einen ist diese eine Ladesäule für einen riesigen Parkplatz (mehrere hun-dert Autos) schlichtweg viel zu wenig. Und zum anderen war die Ladesäule nirgendwo angeschrieben. Es war auch nur ein kleiner Pfosten mit zwei Anschlüssen, der zwischen den Bäumen stand. Hätte mir mein Navigationssystem nicht auf den Meter genau gesagt wo diese Säule stehen muss hätte ich diese niemals gefunden. Die fehlende Beschriftung bzw. fehlende Wegweiser und lange Suchen nach den Säulen auf Parkplätzen und in Parkhäusern ist etwas, was uns im Urlaub noch öfter aufgefallen ist.
Ein Gegenbeispiel hatten wir dafür drei Tage später, wo wir aufgrund des schlechten Wetters beschlossen ein paar Stunden durch ein Einkaufszentrum zu wandern. Hier waren die Ladesäulen auf dem Parkplatz direkt vor dem Eingang in großer Zahl und prominent platziert. Das kam uns in dem Fall sowieso ganz gelegen, da der Akkustand inzwischen wegen der kleineren und größeren Ausflüge wieder auf 27% (121 km Reichweite) gefallen ist. Also haben wir hier während des Einkaufbummels das Fahrzeug gut eineinhalb Stunden geladen und bei der Rückkehr hatten wir wieder 49% und 210Km Reichweite.
Weil unsere Ferienwohnung keine Ladesäule in der Nähe hatte, sind wir allerdings auch während des Urlaubs nicht um Schnellladestationen herum gekommen. Schon beim Einprogrammieren des Parkhauses in Amsterdam (knapp 100Km bis dorthin) ein paar Tage und einige gefahrene Kilometer später wurde automatisch ein solcher Halt bei „Shell Recharge“ auf halber Strecke eingeplant.
Diese Shell Recharge-Stationen sind Schnellladesäulen, die auf dem Gelände von bestehenden Shell-Stationen installiert wurden. Ein gutes Konzept wie ich finde, da die Tankstellen und Parkplätze sowieso bereits vorhanden sind und man so auch eine Toilette und einen kleinen Shop während des Ladevorgangs zur Verfügung hat. Auch konnten wir hier direkt mal nachschauen wie viel denn der herkömmliche Kraftstoff in den Niederlanden kostet: 1,479€ für den Liter Diesel und 1,849€ für Super. Bei den Preisen freut man sich gleich doppelt, dass man elektrisch unterwegs ist. Vor allem weil die Kilowattstunde in den Niederlanden mit ca. 25ct. noch günstiger als in Deutschland ist. Nach 25 Minuten laden, die mit Cappuccino trinken vor Ort verbracht wurden, haben wir das Fahrzeug bei 71% wieder abgestöpselt – uns ist nämlich wieder eingefallen, dass wir ja auch in Amsterdam im Parkhaus laden können, wenn wir dort sowieso für mehrere Stunden stehen.
Das Parkhaus Oosterdok wirbt auf seiner Internetseite mit über 60 Lade-punkten. Das Problem war allerdings wieder einmal diese auch zu finden. Das Parkhaus ist riesig und jedes noch so kleine Detail ist auf gut lesbaren Schildern angeschrieben: Die einzelnen Park-bereiche A, B, C, D, E…., die Straßennamen der Ausgänge, die Aufzüge, die Parkscheinautomaten – nur nicht die Ladesäulen.
Wäre es denn wirklich so schwer gewesen diese mit einem kleinen Schild auszuweisen? Gefunden haben wir diese nämlich erst nach einer guten Viertelstunde. Ganz hinten im letzten Eck des Parkhauses entlang der Wand. Selbst hier waren sie im dunklen Parkhaus nur schwer erkennbar, nicht angeschrieben und mit ihrer dunklen Farbe nur schwer von der Wand zu unterscheiden.
Ein weiterer Nachteil hat sich dann zwei Tage später gezeigt. In Arnhem gab es einen öffentlichen Parkplatz mit Ladesäulen und direkt daneben ein Parkhaus ohne Ladesäulen. Das Problem? Auf dem Parkplatz kostete das Parken 3€/Stunde, im Parkhaus nur 0,5€/Stunde. Wer also dringend laden muss zahlt hier pro Stunde 2,50€ mehr, nur damit er sein Auto (kostenpflichtig) laden darf. Ich würde doch an einer Tankstelle auch nie fürs Parken bezahlen, nur damit ich mein Auto volltanken kann.
Hier wäre ein Rabattsystem für ladende Autos ganz nett, immerhin werden diese Ladesäulen ja auch von der Stadt betrieben. Die Stadt Arnhem kassiert in diesem Fall also doppelt. Zum Glück war aber das Fahrzeug noch ausreichend geladen, sodass wir uns hier für das günstigere Parkhaus entscheiden konnten.
Für den nächsten Tag in Utrecht hatten wir sowieso bereits einen Plan ausgetüftelt: Da wir eh mit den Fahrrädern Utrecht erkunden wollten, haben wir das Auto etwas außerhalb an einer Ladesäule geparkt (Parken gratis) und sind mit den Fahrrädern weiter in die Innenstadt gefahren. Hier konnte das Auto also den ganzen Tag fröhlich vor sich hin laden, während wir unseren Tagesausflug gemacht haben.
Bei unserer Rückkehr begrüßte uns das Fahrzeug mit 100% Akkustand und einer Reichweite von 433 km. Da in den Niederlanden die Autobahnen tagsüber fast überall auf 100Km/h und nachts auf 120 km/h begrenzt sind, ist inzwischen auch unser gesamter Durch-schnittsverbrauch seit dem Beginn der Reise auf 19,1kWh/100Km gesunken. Bei diesem Durchschnittsverbrauch sollte es allerdings nicht lange bleiben, da wenige Tage später die Heimreise anstand, die natürlich sehr viel deutsche Autobahn beinhaltet und ebendiese Autobahn ist natürlich nicht gerade für ihr Spritsparpotenzial bekannt. Durch einen weiteren Ausflug nach Amsterdam vor der Rückreise ohne Ladestopp hatten wir nun am Beginn unserer Heimreise noch 50% Akku mit 225Km Reichweite. Da ich auch in Hamm Ver-wandte habe und man diese aufgrund der Entfernung leider viel zu selten sieht, wurde deren Zuhause nun als Zwi-schenziel auf der Heimreise auserkoren. Da es von Bennekom bis Hamm 205Km Fahrstrecke sind, wurde natürlich ein Zwischenstopp zum Laden vom Fahr-zeug direkt eingeplant. Eben diese Zwangspause war witzigerweise wieder die Raststätte Hünxe, die wir bereits auf der Hinreise auf der Gegenseite be-sucht haben. Dieses Mal hielten wir uns dann auch an die Empfehlung, das Fahrzeug nur bis 80% vollzuladen. Bei einem Ausgangsfüllstand von 13% beim Einstöpseln dauerte es nur 32 Minuten, bis diese 80% erreicht waren.
Exakt 100 km und 32% Akku weniger haben wir die Autobahnabfahrt in Hamm erreicht. Der Durchschnittsver-brauch war inzwischen wieder auf 19,9kWh/100Km gestiegen, da die Au-tobahn an diesem sonnigen Mittwoch-nachmittag angenehm leer war. Durch Zufall sahen wir, dass an dieser Ab-fahrt, bzw. dem dazugehörigen Autohof eine Schnellladestation war. Aufgrund der freien Autobahn und meinem Spaß am schnellen Fahren waren wir sehr gut in der Zeit und ca. eine halbe Stunde früher als geplant in der Nähe meiner Tante. Deshalb beschlossen wir, das Fahrzeug noch ein bisschen mit Strom zu beladen.
Etwas komisch war für uns nur die Tatsache, dass die Ladesäule statt der versprochenen 125kW nur mit ca. 80kW geladen hat. Da wir die Einzigen an der Ladestation waren, sollten wir eigentlich die volle Power zur Verfügung haben. Also habe ich kurz die Google-Recherchemaschine angeworfen und herausgefunden, dass zum einen die Batterien beim schnellen Fahren gerne etwas wärmer werden und dann aus Sicherheitsgründen nicht so viel Strom ziehen, wie sie könnten und zum anderen das Fahrzeug, wenn es über das Navigationssystem weiß, dass es bald laden wird, den Akku (auch aufgrund von ggf. schnellem Fahren) „vorklimatisiert“, damit dieser an der Ladestation mit der vollen Leistung ziehen kann. Der Stopp war ja aber spontan und nicht vorab im Navi eingegeben. Deshalb der Praxistipp von mir: Wann immer man eine Schnellladesäule anfahren möchte, diese unbedingt vorab ins Navi eingeben!
Trotzdem hatten wir nach dieser kurzen Pause wieder etwas mehr Puffer für die spätere Heimreise, die dann auch, nach dem besagten Zwischenstopp bei Onkel und Tante mit Mettbrötchen und Bienenstich, in ihre letzte Etappe ging. Mit über 80% Akku und einer verbleibenden Strecke von 441Km bis nach Hause war ich zuversichtlich, dass ich nur noch einen einzigen Ladestopp benötige. Dieser letzte Ladestopp war dann auf dem Autohof Hessenland, wobei uns direkt die großzügig bemessenen Parkplätze inklusive heller Beleuchtung auffielen. So hat man beim Laden auch etwas mehr Platz und kann beispielsweise die Türen öffnen ohne den Nachbarn zu stören und durch die Beleuchtung ist es auch nachts sehr angenehm für alle, die sich auf dunklen Parkplätzen nicht sehr wohl fühlen.
Negativ aufgefallen ist uns nur, dass von den 6 Ladesäulen 3 defekt waren. Da außer uns zu diesem Zeitpunkt niemand geladen hat war es zwar kein Problem, zu Stoßzeiten wäre das aber sehr unangenehm gewesen. Auch hier hätte wieder eine halbe Stunde Pause bis 80% voll-kommen ausgereicht, da aber bei mir, wie anfangs erwähnt, zu Hause keine Ladesäule auf das hungrige Fahrzeug wartet, habe ich das Fahrzeug in 50 Minuten auf 100% geladen, um das Fahrzeug nach dem Urlaub auch wieder nach Schwäbisch Hall zurückbringen zu können.
So endete dann der Urlaub nachts um 2 Uhr bei mir zu Hause in Rosenberg nach 2.172 gefahrenen Kilometern, 33 Stunden und 42 Minuten reiner Fahrtzeit und einem Gesamtdurchschnittsverbrauch von 20,8kWh/100Km.
Die Ausgangsfrage war, ob man mit einem Elektroauto tatsächlich nicht in den Urlaub fahren kann. Diese Frage kann ich jetzt eindeutig mit „Doch, man kann!“ beantworten. Und nicht nur das, ich musste auch aus meiner Sicht keinerlei Abstriche machen. Vor Ort kann man sowieso auf genügend Parkplätzen während des Aufenthalts laden und es werden von Tag zu Tag auf jedem Parkplatz mehr Ladesäulen aufgestellt. Und die „Zwangspausen“ während der Fahrt vergingen wesentlich schneller, als man denkt und ganz ehrlich: Wer 6 Stunden in den Urlaub fährt, sollte zwischendurch sowieso mindestens eine Stunde Pause machen. Egal ob mit Elektro- oder Verbrennerfahrzeug.
Zum Schluss noch ein paar Fakten für Zahlenfans:
- Bei 2.172Km Fahrstrecke und einem Verbrauch von 20,8kWh/100Km habe ich demnach insgesamt knapp 452kWh Energie verbraucht (Für die Physiker: Elektrische Energie in thermische und kinetische Energie umgewandelt). Zum Vergleich: Ein 4 Personen-Haushalt im Einfamilienhaus verbraucht pro Jahr etwa 2.900kWh. Ich hätte mit dieser Energie also ein Haus ca. zwei Monate mit Strom versorgen können.
- Ich hatte zwei E-Bikes dabei, die jeweils einen 625Wh-Akku (0,625kWh) besitzen (der größte Akku, den Bosch derzeit bei den E-Bikes anbietet). Ein solcher Akku hätte dem Auto gerade mal für 3Km Strecke gereicht. Der Akku des Fahrzeugs hat die 123-fache Kapazität eines E-Bike-Akkus (77kWh)
- Die Ladestationen werden fast immer mit Ökostrom gespeist und deshalb ist die Fahrt mit dem E-Auto an sich eigentlich klimaneutral. Aber selbst, wenn wir nun pessimistisch denken und von dem CO2-Ausstoß des normalen deutschen Strommix ausgehen, hätte ich pro gefahrenem Kilometer ca. 76Gramm CO2 ausgestoßen. Bei einem vergleichbaren Dieselfahrzeug wäre es gut das Doppelte an CO2 pro Kilometer gewesen, beim Benziner sogar noch mehr. Von Feinstaub, Stickoxiden und sonstigen schädlichen Abgasen ganz zu schweigen.
- Für all diejenigen, die wie ich zuhause keinerlei Möglichkeit haben eine Wallbox anzubringen: derzeit läuft in Deutschland die Ausschreibung für das „Deutschlandnetz“. Wenn dieses im Jahr 2023 mit 1.000 Standorten und mehreren Ladesäulen pro Standort fertiggestellt ist, ist die nächste Schnellladesäule maximal 10 Minuten Fahrt entfernt. Die Kilowattstunde ist mit einer Preisobergrenze von 0,44€/KWh angegeben. Bei meinem Testverbrauch also ein maximaler Preis von 9,15€/100Km und somit nicht teurer als ein vergleichbarer Verbrenner (vor allem weil man beim Parken auf öffentlichen Plätzen und beim Einkaufen die wesentlich günstigeren Ladesäulen nutzen kann, die meist um die 0,30€/kWh verlangen -> 6,24€/100Km). Die laufenden Kosten (Steuern, Wartung, etc.) sind beim Elektrofahrzeug ebenfalls um ein Vielfaches niedriger.
Fazit: Alles in Allem muss ich sagen, dass diese Urlaubsfahrt eine der schönsten war, die ich bisher gemacht habe und ich würde es jederzeit wieder tun. Obwohl wir noch ganz am Anfang der Elektromobilität stehen sind wir inzwischen an dem Punkt, an dem sich ein Elektroauto für jeden lohnt, nicht nur als Zweitwagen. Für die einen mehr, für die anderen noch mehr.